Die gesetzliche Gewährleistung und die vertragliche Garantie werden in der Umgangssprache häufig vermischt, obwohl diese grosse Unterschiede aufweisen. Vor allem bei dem Rechten, welche dem Käufer zustehen, gibt es gewichtige Unterschiede, welche nachfolgend aufgezeigt werden.
Die Gewährleistung
Bei einem Kauf eines Produktes im Internet oder in einem Laden entsteht ein Kaufvertrag, der in der Schweiz im OR (Obligationenrecht) geregelt ist. Das OR gewährt dem Käufer eine Gewährleistung, welche ihm zu Gute kommt, wenn die gekaufte Sache einen Mangel aufweist. Ein Beispiel wäre eine gekaufte Armbanduhr, die nicht wasserdicht ist, obwohl diese es laut den Angaben hätte sein müssen. Das Gewährleistungsrecht steht dem Kunden zwei Jahre lang zu, die Frist läuft ab dem Zeitpunk der Ablieferung (Übergabe) der Sache an den Käufer (Art. 210 Abs. 1 OR).
Die Gewährleistung gibt dem Käufer drei Möglichkeiten, wie er bei einem Mangel an der Sache vorgehen kann.
1. Wandelung der Sache
Der Käufer kann die Sache zurückgeben und erhält den Kaufpreis zurückerstattet (Art. 205 Abs. 1 OR). Der Kauf wird also rückgängig gemacht.
2. Ersatz des Minderwertes
Da die Sache mit dem Mangel weniger Wert hat als ein mangelfreie Ware kann der Kunde den Differenzbetrag zurück verlangen (Art. 205 Abs. 1 OR).
3. Ersatzleistung
Der Käufer kann ein funktionierendes Ersatzgerät (Austauschgerät) verlangen (Art. 206 Abs. 1 OR).
Diese drei Optionen sind gesetzlich vorgesehen. Die Beschaffenheit der Sache muss nach deren Empfang vom Käufer auf Mängel geprüft werden (Art. 201 Abs. 1 OR). Falls das gekaufte Gerät also von Anfang an nicht richtig funktioniert, muss dies dem Verkäufer unmittelbar mitgeteilt werden. Ob der Mangel sofort zu Tage tritt oder sich erst später ergibt, ist unerheblich (vergleiche Art. 201 Abs. 3 OR). Wichtig ist jedoch, dass der Mangel sofort nach dessen Entdeckung dem Verkäufer gemeldet wird, da die Sache andernfalls mit ihrem Mangel als genehmigt gilt (Art. 201 OR).
Falls man sich also beispielsweise eine bis 200 Meter wasserdichte Armbanduhr kauft und diese von Anfang an nicht läuft, muss dies dem Verkäufer sofort mitgeteilt werden. Läuft die Uhr und es dringt erst nach sechs Monaten beim ersten Tauchgang Wasser ein, so ist dieser Mangel der Dichtheit der Uhr unmittelbar nach dem Eindringen des Wassers dem Verkäufer mitzuteilen.
Was ist ein Mangel?
Ein Mangel an einem Produkt ist dann vorhanden, wenn es die zugesicherten Eigenschaften nicht erfüllt, also beispielsweise eine wasserdichte Armbanduhr nicht wasserdicht ist und Wasser eindringt. Falls ein Schaden hingegen durch eine unsachgemässe Handhabung erfolgt, so liegt kein Mangel vor. Tritt also bei der Armbanduhr Wasser ein, da der Käufer das Glas aus Unachtsamkeit zuvor an einem Stein beschädigt hat, so ist dies kein Mangel der Uhr.
Wer Trägt die Beweislast?
Wer trägt die Beweislast, wenn der Käufer behauptet, dass das Produkt mangelhaft sei und der Verkäufer jedoch der Meinung ist, das Produkt weise keinen Mangel auf und der Schaden sei durch unsachgemässe Handhabung entstanden?
Wenn der Käufer behauptet, dass die Sache mangelhaft sei und er keinen Anwendungsfehler gemacht habe, so trägt der Käufer die Beweislast und muss nachweisen, dass er den Schaden nicht durch unsachgemässe Handhabung verursacht hat. Der Käufer müsste in diesem Fall ein Gutachten erstellen lassen, dass nicht er den Schaden verschuldet, sondern ein Mangel am Produkt vorgelegen hat. Solch ein Gutachten kann teuer sein und deshalb wird ein Gutachten vom Kunden selten in Auftrag gegeben, höchstens wenn es um eine hohe Summe geht.
Die Garantie
Der Verkäufer gibt häufig auf eine gekaufte Sache eine vertragliche Garantie. Dabei handelt es sich i.d.R. um ein vom Gesetz nicht vorgesehenes Recht auf Reparatur der Sache. Falls sich die Reparatur nicht lohnt, gibt der Verkäufer dem Käufer normalerweise ein Neugerät. Das Wort Garantie tönt in den Ohren der Käufer oft sehr gut, verschafft dem Käufer aber nicht per se ein bessere Stellung als bei der Gewährleistung.
Die gesetzliche Gewährleistung kann im Kaufvertrag wegbedungen werden, was auch häufig gemacht wird. Dies bedeutet, dass dem Käufer dann nicht die gesetzlichen Gewährleistungsansprüche mit den drei Wahloptionen zur Verfügung stehen. Häufig wird dies damit kompensiert, dass dem Kunden dafür eine Garantie zugesprochen wird. Das ist jedoch keine Pflicht und die Garantie muss auch nicht zwangsläufig für zwei Jahre gegeben werden (so lange läuft die gesetzliche Gewährleistung nach Art. 210 Abs. 1 OR) . Bei Verschleissteilen wie beispielsweise einem Akku wird die Gewährleistung häufig wegbedungen und dann vertraglich nur eine Garantie von sechs Monaten zugesprochen, was zulässig ist.
Damit ein Ausschluss der Gewährleistung gültig ist, muss dieser klar im Kaufvertrag festgelegt sein. Hier gilt es immer auch die ABG (allgemeine Geschäftsbedingungen, auch als das „Kleingedruckte“ bekannt) zu prüfen. Als Käufer in einem Geschäft kann man beispielsweise verlangen, diese Vertragsklausel zu streichen. Wenn der Verkäufer auf dem Gewährleistungsausschluss beharrt, sollte der Käufer die Ware bei einem anderen Händler beziehen, welcher kundenfreundlicher ist. Selbiges gilt auch beim Kauf über das Internet, wo man bei demjenigen Onlineshop kaufen sollte, der einem als Kunden die besten Bedingungen bietet.
Eine vertraglich zugestandene Garantie entspricht also nicht der Gewährleistung, die das OR dem Käufer zuspricht. In der Umgangssprache werden die Begriffe Garantie und Gewährleistung aber häufig vermischt. Zahlreiche Käufer kennen sogar nur den Begriff „Garantie“, mit dem Begriff „Gewährleistung“ können viele Kunden nichts anfangen.
Obige Ausführungen sind für juristisch nicht geschulte Leser gedacht und loten somit freilich nicht jedes dogmatische Problem aus. Auf die Darstellung von Kontroversen in Lehre und Rechtsprechung wird in diesem Rahmen bewusst verzichtet.
lic. iur. Beat Hochheuser, Rechtsanwalt, Schaffhausen im März 2017.